Der Soccerbot-Roboter von Graupner ist sehr robust und flexibel einsetzbar.
Leider fehlen im Grundkarton die Sensoren. Man kann aber bei www.qfix-shop.de beispielsweise Infrarot-Distanz-Sensoren dazu kaufen. Der Preis ist aber sehr hoch - über 30 €.
Außerdem haben die Sensoren einen erheblichen Nachteil:
Das Ausgangssignal ist analog. Man muss also erst einmal Messungen durchführen, welcher Sensor-Wert zu welcher Entfernung gehört. Die Kennlinie zeigt ein weiteres Problem - im Nahbereich sinken die Messwerte plötzlich wieder ab:
Daher entstand die Idee, einen Distanzsensor zu entwickeln, dessen Empfindlichkeit einfach mit einem kleinen Poti / Drehwiderstand eingestellt werden kann und der ein digitales Signal ausgibt. Am Ausgang sollte also ein 5-V-TTL-Pegel heraus kommen. Gleichzeitig sollte der Zustand des Ausgangs über eine LED angezeigt werden, so dass die Ansprechschwelle ohne große Messungen bzw. Testprogramme eingestellt werden kann.
Beim Studium der Schaltpläne des Roboters Conrad PRO-BOT 128 stieß ich nun auf ein interessantes Verfahren zur Distanzmessung:
Als Empfänger einer Reflex-Lichtschranke dient hier ein TSOP1736 von Vishay, der in Fernsehern als Empfänger für die Fernbedienung Einsatz findet. Die TSOPs sind keine "einfachen" Fototransistoren. Sie empfangen IR-Licht der Wellenlänge 950 nm mit einer Modulation von 30, 33, 36, 40 bzw. 56 kHz. und geben ein 5-V-TTL-Signal aus.
Die vorgesehene Modulationsfrequenz erkennt man an den letzten beiden Ziffern der Typbezeichnung (TSOP1736 = 36 kHz.).
Im Unterschied zu einfachen Reflex-Lichtschranken kann durch die Modulation des IR-Lichts (bspw. mit 36 kHz.) der Einfluss des Umgebungslichts völlig ausgeschaltet werden.
Die Schaltung von Sender und Empfänger ist nicht sehr aufwändig und funktioniert bis zu einer Entfernung von ca. 30 cm. Die Empfindlichkeit lässt sich sehr einfach über die Verstimmung der Sendefrequenz der IR-Diode (mit Hilfe des Potis 10 kOhm ) erreichen:
Berechnung der frequenzbestimmenden Bauteile
Das Poti 10 kOhm sei R1, der Widerstand 20 kOhm sei R2 und der Kondensator 890 pF sei C.
Die Frequenz liegt am Ausgang des LM555 an Pin 3 an und steuert die IR-LED SAMKEN SID1050M - das IR-Licht wird also frequenz-moduliert.
Die Frequenz der Schaltung lässt sich folgendermaßen abschätzen:
Aufladezeit des Kondensators C: t1 = ln(2) *(R1+R2)*C
Entladezeit des Kondensators C: t2 = ln(2) *R2*C
ln(2) ist etwa 0,693
T = t1 + t2 = 0,693(R1 + 2*R2)*C = 0,693*50 000 V/A *0,000 000 000 89 As/V
= 0,000 03 s -> f = 1/T = 32 426 Hz.
Wir brauchen genau 36 000 Hz - also 36 kHz. Deshalb ist der 10-k-Widerstand als Poti / Drehwiderstand ausgeführt.
Genauere Erläuterungen zur Schaltung und zur Dimensionierung findet man hier .
Das Tastverhältnis stellt sich bei 36 kHz mit ca. 2/5 = 0,4 ein. Das entspricht nicht der obigen Rechnung, da die Aufladung von R1+R2 bestimmt wird und die Entladung hingegen nur von R2. Dann wäre das Tastverhältnis rechnerisch eigentlich 3/5 (10+20 kOhm zu 20 kOhm).
Allerdings ist der Widerstand R1 bei 36 KHz. auch nicht 10 kOhm sondern nur ca. 1kOhm, da er ja als Drehwiderstand ausgeführt ist. Der Frequenz-Einstellbereich liegt nämlich im Bereich von 30 bis 37 kHz, wobei sich die 30 KHz. bei R1=10 kOhm einstellen. In diesem Fall kann man R1 eigentlich vernachlässigen, so dass t1 und t2 in etwa gleich lang sein müssten. Man kann nun gutmütigerweise sagen, dass das Tastverhältnis im rechten Bild beinahe 0,5 ist.
Im Innern des LM555 werkeln 3 Widerstände, die 2 Referenzspannungen erzeugen sowie 2 Komparatoren und ein RS-Flipflop. Dadurch lässt sich eine Hysterese erzeugen, so dass dass die Schaltschwellen für Aufladung und Entladung unterschiedlich sind. Daher kann die obige Rechnung für t1 und t2 nur Näherungswerte liefern, die zur Abschätzung der Dimensionierung von R1, R2 und C durchaus hilfreich sind.
Verfolgt man nun ein Trimmen von R1 im Bereich von ca. 1 bis 10 kOhm auf dem Oszilloskop, so wird deutlich, dass R1 eben nur den HIGH-Abschnitt des Rechteck-Signals beeinflusst.
Der LOW-Bereich hingegen wird ausschließlich von R2 bestimmt. Allerdings beeinflusst eine Veränderung von R2 auch den HIGH-Bereich!
Übrigens leuchtet die IR-LED immer nur dann, wenn das Signal auf LOW ist. Das hängt damit zusammen, dass die IR-LED an der Betriebsspannung +5V "hängt". Da ist es logisch, dass bei Ausgang3=HIGH=5V des LM555 kein Strom durch die IR-LED fließen kann. Wir haben es also mit einer Negation zu tun.
Auch die Kontroll-LED, die am TSOP-Chip "hängt" (und den Empfang von IR-Licht anzeigen soll) zeigt das Ausgangssignal des TSOP-IR-Empfängers negiert an. Das ist auch ganz gut so, da der TSOP wirklich ein negiertes Signal ausgibt. Das heißt, dass der Ausgang des TSOP immer dann HIGH ist, wenn er kein IR-Licht empfängt!
Übrigens hat die Entfernungsmessung mit IR-Reflex-Lichtschranken einen entscheidenden Nachteil:
Die Ansprechschwelle hängt stark von den Reflexionseigenschaften der Oberfläche ab. Am Besten funktioniert es mit hellen, glatten und/oder glänzenden Oberflächen. Den Unterschied merkt man schnell, wenn man einmal mit einem hellen und ein anderes Mal mit einem dunklen Gegenstand experimentiert. Es kann passieren, dass schwarze Objekte überhaupt nicht erkannt werden. Da hilft dann nur noch ein Ultraschall-Sensor.
Optimierung der Distanzsensor-Schaltung
Untersucht werden sollte nun die Abhängigkeit der Empfindlichkeit (Erkennungsdistanz für Hindernisse) vom Tastverhältnis des Ausgangssignals an (3), das die IR-LED antreibt
Dazu wurden die Bauteile mit Rx bzw. Cx benannt und das Ergenbis tabellarisch dargestellt.
Versuch | R1 | R2 | C1 | R3 | Erkennungs-Distanz | Tastverhältnis |
1 | 10 k | 20 k | 890 pF | 220 | 20 cm mit Abschirmung | ca. 0,5 (1zu1) |
2 | 10 k | 1 k | 3n3 | 220 | 6cm ohne Abschirmung | ca. 0,88 (8zu1) |
3 | 100 k | 20 k | 680 pF | 220 | 15 cm ohne Abschirmung | ca. 0,66 (2zu1) |
4 | 100 k | 20 k | 680 pF | 68 | 50 cm mit Abschirmung | ca. 0,66 (2zu1) |
Versuch 1 entspricht in der Dimensionierung der 1.Testschaltung (siehe oben). Hier war ich mit der erreichten Erkennungs-Distanz schon ganz zufrieden.
Auffällig ist in Versuch 2, dass die Reichweite extrem eingebrochen ist.
Das ist mit dem ungünstigen Tastverhältnis von 8:1 zu erklären. Die LOW-Bereiche sind sehr kurz und die IR-LED ist nur kurz "an". Es wird also offenbar zu wenig Licht ausgesendet:
Oszilloskop Versuch 2 Oszilloskop Versuch 3
Der Versuch 3 ist ein Kompromiss, um einen großen Frequenzbereich mit R1 einstellen zu können. Immerhin gibt es die TSOP-Chips im Frequenzbereich von 30 bis 56 kHz. Wünschenswert wäre es also, mit einer einheitlichen Dimensionierung alle diese Frequenzen einstellen zu können. Das geht aber zu Lasten des Tastverhältnisses, so dass die Reichweite etwas kleiner ist als im Versuch 1. Dafür kann die Frequenz zwischen 15 und 47 kHz. eingestellt werden. Eine Verkleinerung von C1 würde den Bereich sicher noch mehr optimieren - wir wollen ja eigentlich einen Bereich von 30 - 56 kHz. abdecken...
Nun kam folgende Überlegung in's Spiel: IR-Sende-Dioden vertragen hohe Impulsströme. Dies wird auch bei IR-Fernbedienungen genutzt. Das bedeutet, dass kurze Impulse mit hohem Strom erzeugt werden müssen. Also habe ich den Vorwiderstand einfach drastisch auf 68 Ohm verkleinert. Und siehe da - die Reichweite stieg auf gigantische 50 cm an!
Für einen sinnvollen Einstz muss also die Empfindlichkeit reduziert werden über die Verstimmung der Sendefrequenz mit R1.
Einstellbereiche der Sendefrequenz am Ausgangs-Pin 3 des LM555 bei verschiedenen Dimensionierungen:
R1 | R2 | C1 | untere Frequenz | obere Frequenz |
10 k | 20 k | 890 pF | 29,6 kHz. | 36,6 kHz. |
10 k | 1 k | 3n3 | nicht gemessen | nicht gemessen |
100 k | 20 k | 890 pF | 11,0 kHz. | 36,0 KHz. |
100 k | 20 k | 680 pF | 15,0 kHz. | 47 kHz. |
100k | 20 k | 470 | nicht gemessen | nicht gemessen |
Richtcharakteristik der IR-LED SAMKEN SID1050M
Die IR-Sende LED und der TSOP-Chip müssen versetzt angebracht werden. Ansonsten strahlt IR-Streulicht direkt auf den TSOP-IR-Empfänger. Optische Abschirmungen (mit Pappe oder Schrumpfschlauch) sind bei dieser Geometrie nicht erforderlich:
Bild
Die optische Richtcharakteristik der IR-LED SAMKEN SID1050M hat eine "Keulenform" und ist damit ideal für unsere Zwecke geeignet. Das IR-Licht wird hervorragend gebündelt und sorgt damit für einen engen "Erkennungs-Korridor" von ca. 8 cm Breite. Damit können auch schmale Objekte sicher erkannt und angesteuert werden. Allerdings braucht man für den Soccerbot dann 2 oder besser 3 Distanzsensoren, die nebeneinander angebracht sind.
Das Datenblatt der IR-Sende-LED SAMKEN SID1050M besagt übrigens, dass die ausgesendete IR-Wellenlänge 940 nm beträgt. Unser IR-Empfänger TSOP1836 ist optimiert für 950 nm. Mit einer passenden IR-Sende-LED mit 950 nm sind sicher noch erheblich größere Reichweiten für die Erkennung von Hindernissen bzw. Distanzen möglich.
ABER: Für die Hindernis-Erkennung beim Soccerbot ist die Distanz von 10 bis 30 cm optimal, so dass kein Handlungsbedarf besteht, andere IR-Sende-LEDs zu testen.
Diese gewisse Fehlanpassung sorgt sogar dafür, dass der TSOP-Chip nicht zu empfindlich reagiert. Immerhin sind mit einer Fernbedienung und einem TSOP-Chip Entfernungen von mehr als 10 Metern locker zu überbrücken. Praktisch beweisen konnte ich dies mit der
RC-5-Fernsteuerung für den Soccerbot. Hier habe ich selbst über die erreichbare Reichweite gestaunt!
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